Sonntag, 9. März 2008

Geschlechtergerechte Sprache

Vermutlich war der gestrige "Weltfrauentag" wiederum ein Riesenerfolg - wie alle Gedenktage dieser Art, die von der Weltorganisation UN ausgerufen werden. Jedenfalls bot er für unsere Politiker und sonstige Öffentlichkeitsarbeiter mal wieder einen willkommenen Anlass in ihren Reden auf die "geschlechtergerechte Sprache" zu achten. Jedes Geschlecht - Mann und Frau - sollen gleichberechtigt in Sprache und Schrift adressiert werden.

Das tat auch ein Gewerkschaftler im 1. Programm des Bayerischen Rundfunk, der mir zufällig zu Gehör kam. Er schimpfte auf die Bundesregierung wegen ihrer Weigerung zur Erhöhung der Angestelltentarife und fügte die Drohung an: "...wenn die Regierung sich weiterhin so stur stellt, dann hat sie die Rechnung ohne den Wirt - und die Wirtin - gemacht." Bravo! Ein Musterbeispiel zur geschlechtergerechten Formulierung am Weltfrauentag.

Die Mahnungen der beamteten Gleichstellungsbeauftragten und Gleichstellungsbeauftragtinnen
in den Ministerien wirken bereits. Einige Verlage schreiben ihren Autoren schon vor, dass ihr Manuskript geschlechtergerecht formuliert sein muss. Der Paartherapeut Jürg Willi verstieg sich zu dem Satz: "Wenn man/frau mit seiner/ihrer Partner/in zusammen leben will, so wird er/sie zu ihr/ihm in ihre/seine oder sie/er in seine/ihre Wohnung ziehen."
Womit er demonstrieren wollte, dass sich dieses linguistische Problem im Deutschen nicht befriedigend lösen lässt. (Übrigens: die Weltsprache Englisch kennt solche gender mainstreaming activities nicht; student ist Student, egal ob männlich oder weiblich.)

Clever sind die Juristen. Sie fügen ihren Gesetzen und Verordnungen am Schluss das simple postscriptum an: "Soweit die männliche Sprachform verwendet ist, gilt obiges auch für die weibliche." Und sind damit aus dem Schneider.

Viel Arbeit steht unseren Feministen und Feministinnen - politically correct ist auch FeministInnen - noch bei der sprachlichen Bereinigung der Literatur bevor. Da hat sich in der Vergangenheit mancher Geistesheroe üble Schnitzer erlaubt. Zum Beispiel Friedrich Schiller, welcher in seiner Ode an die Freiheit laxerweise dichtete : "alle Menschen werden Brüder" - womit er die weibliche Bevölkerung bei dieser wundersamen Transmutation glattweg augeschlossen hat. Und der Gipfel: sein Geniekollege Ludwig van Beethoven nahm diesen geschlechterrechtlich total verunglückten Satz auch noch in seine 9. Symphonie auf!

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