Dienstag, 1. April 2008

Rotter Stammtisch Gespräche 1

Willy: Hallo Freunde, unser Rotter Stammtischlokal wird berühmt. Letzte Woche wurde der "Waldfrieden"sogar im Fernsehen abgelichtet.

Gerhard: Du meinst in "plusminus"; habe die Sendung auch gesehen. Da wurde wieder mal der Prozess unseres Wirts wegen der falschen Seezunge aufgewärmt.

Dieter: Erstaunlich, welche Kreise dieser Fall gezogen hat. Dabei ging es doch nur darum, dass unser Restaurant-Chef Werner Roth anstatt Seezunge - wie deklariert - Pangasius verkauft hat.

Hartmut: Und juristisch gesehen noch nicht einmal betrogen hat, denn die angebliche Seezunge war mit schlappen 9 Euro auf der Karte ausgezeichnet; eine wirkliche würde mindestens 20 bis 25 kosten.

Horst: Aber wir Deppen haben See- und Süsswasserfisch nicht auseinander halten können.

Paul: Richtig, die Seezunge ist ein Plattfisch und kommt im Salzwasser vor, während dieser komische Pangasius in Vietnam in Becken gezüchtet wird. Und zur Familie der Welse gehört.

Herbert: Ich bezweifle, dass viele von uns in der Lage sind, verschiedene Fischfilets auseinander zu halten. Ob Seelachs, Heilbutt, Kabeljau - die sehen doch alle der Seezunge und dem Pangasius verteufelt ähnlich.

Theo: Und wenn sie erst paniert sind, dann kann sie kein Mensch mehr unterscheiden. Darauf beruht doch letztlich der Erfolg der Fischstäbchen.

Hans-Jürgen: Mit dem Fleisch ist es da ganz anders. Jeder kann Rindfleisch von Lamm oder Hühnchen gut auseinander halten.

Günter: Aber man müsste es doch zumindest schmecken, wenn einem Süsswasserfisch anstatt Salzwasserfisch aufgetischt wird.

Willy: Kaum. Nach 30 Jahren KfK-Kantine, wer ist da schon noch im Besitze seiner Geschmacksnerven? Die wurden doch alle auf BAT-Niveau abgehobelt.

Helmut: Habe mir sagen lassen, dass selbst die Lebensmittelkontrolleure Probleme haben, die einzelnen Fischsorten auseinander zu halten. Im Zweifelsfall machen sie chemische Proteinanalysen. Deshalb gibt es auch so viele Schummeleien in den Fischlokalen.

Willi: Am besten kann man sich noch über den Preis orientieren. Eine Seezunge für 10 Euro kann nie und nimmer eine Seezunge sein.

Harry: Wie eine Rolex für 20 Euro eben nur eine chinesische Rolex ist.

Werner: Dann wundert mich aber, warum man unseren Wirt zu einer solch hohen Strafe verdonnert hat. 230.000 Euro sind ja kein Pappenstiel.

Gerhard: Der Staatsanwalt soll sogar satte 700.000 gefordert haben.

Willy: Das stimmt. Angeblich konnte man aus der Buchhaltung feststellen, dass 74.000 Portionen Pangasius verkauft worden sind. Multipliziert mit 9 Euro ergibt das etwa 700.000 Euro. Das Gericht war also vergleichsweise milde mit seinem Urteil.

Dieter: Verstehe ich trotzdem nicht. 700. 000 ist doch der ganze Umsatz. Der Reingewinn ist vielleicht ein Zehntel davon, also ca. 70.000, beziehungsweise 23.000, wenn man das Urteil zugrunde legt.

Hartmut: Habe mir sagen lassen, dass in solchen Fällen die ganze Summe, also der Umsatz eingezogen wird. Die Juristen nennen das "Verfall" und es soll sogar im Strafgesetzbuch stehen.

Paul: Im deutschen Strafgesetzbach. Mein gesunder Menschenverstand sträubt sich gegen ein solch hartes Urteil. Mit den Gerichtskosten und den Anwaltsgebühren kommt unser Wirt da locker auf 300.000 Euro Strafe. Wie soll er das in seinem restlichen Berufsleben wieder reinholen können?

Herbert: Da müsste er ja Tag und Nacht für den Staat arbeiten.

Helmut: Wäre er schön blöd. Aber was für einen Ausweg gibt es da noch?

Willy: Privatinsolvenz anmelden und das Geschäft an die Frau übertragen!

Horst: Und hoffen, das sich diese nicht scheiden lässt.

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